Ostergruß des Pfarrers

Liebe Schwestern und Brüder,

immer wieder kann man in den sozialen Netzwerken auf „Verbotslitaneien“ stoßen, die auflisten, was alles aufgrund von „Corona“ nicht erlaubt bzw. nicht gestattet ist. Die freudige Nachricht: Ostern fällt nicht darunter! Ostern ist erlaubt! Und so erlaube ich mir, Ihnen und Ihren Familien in diesem Jahr auf diese Weise einen herzlichen Ostergruß zukommen zu lassen. Jedes Jahr, auch wenn Sie es in diesem Jahr nicht live miterleben konnten, segnet der Priester zu Beginn der heiligen Osternacht die Osterkerze und spricht dabei u.a. folgende Worte: „Durch seine heiligen Wunden, die leuchten in Herrlichkeit, behüte uns und bewahre uns Christus, der Herr.“ Dabei fügt er fünf Weihrauchkörner – in Form von Wachsnägeln – in die Osterkerze ein, bevor die Osterkerze dann am Osterfeuer entzündet wird. Und der Kommentar eines Kindes dazu: „Oh, Mutti, schau mal, ein Licht mit Nägeln!“ „Ein Licht mit Nägeln!“ – In der Tat, die Nägel spüren wir in unserem Leben und in unserer Welt in vielfältiger Weise auf Schritt und Tritt: Verwundungen der eigenen Seele, Nägel furchtbarer Nöte und Ungerechtigkeiten, Nägel unseliger Politik, Kriegen, Hungersnöten, Flüchtlingen, Krankheiten und Seuchen, Nägel von Umweltschäden, die Nägel der Sorgen um die Zukunft, der Angst und Verzweiflung, der eigenen Ohnmacht und Hilflosigkeit, die Nägel des Todes … Wahrlich, die Nägel spüren wir, auch unser Angenageltsein an uns selbst oder andere Menschen, an unseren Terminkalender, an unsere Verantwortung…

„Oh, ein Licht mit Nägeln!“ Aber sehen wir bei all den Nägeln noch das Licht? Sind wir im Licht? Oder mit den Worten der Frauen am Ostermorgen gefragt: Sehen wir, dass der Stein vom Grab schon weggewälzt ist? „Oh, ein Licht mit Nägeln“ – so sieht es das Kind! Wer auch Licht sieht und nicht nur Nägel und große Steine, sieht in diesem Licht hinter allem Geschehen die Hand Gottes, die Hand, die sich – wie dem angenagelten und begrabenen Sohn – uns entgegenstreckt. Das Licht des Glaubens leuchtet trotz aller Nägel!

„Oh, ein Licht mit Nägeln!“ – Ja, wahrlich ein solches halten wir zu Ostern in unseren Händen, leuchtet zu Hause in unseren Häusern und Wohnungen, weil Er sich annageln ließ und uns durch seine Auferstehung zum Licht geworden ist. Seit Ostern kann kein Nagel dieses Licht mehr löschen, das durch alle Finsternis dringt und alle Wunden verklärt. Er ist auferstanden, er zeigt uns die Wundmale seiner Nägel. Genageltes Licht! So wünsche ich uns allen – auch im Namen der Mitbrüder, der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unserer Pfarrgemeinde, dass wir trotz aller Nägel immer auch das österliche Licht sehen und den Mut haben, als „Kinder des Lichtes“ zu leben, „weil der Stein vom Grab schon weggewälzt ist.“ In diesem Sinne Ihnen allen ein gesegnetes frohes Osterfest. Dzens Chrystus z mortwych stanyl je! Halleluja! Swjateho jutry!

Ihr Pfarrer Dr. Wolfgang Kresák

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