Geschändete Kapelle nach Restaurierung wieder eingeweiht

Unbekannte hatten in der Sylvesternacht Korpus und Kreuz in der einseitig offenen, nur mit einem unverschlossenen Tor gesicherten Kapelle zerschlagen. Der Korpus sei nicht wieder herstellbar gewesen, erklärt Gemeindepfarrer Dr. Wolfgang Křesák. Nach einer Zerstörung vor fünf, sechs Jahren war der Korpus schon einmal mit großen Mühen repariert worden. Das sei nicht noch einmal möglich gewesen.

Ein Anwohner entsann sich an den Korpus des Marktkreuzes, der bei Errichtung eines neuen Kreuzes 1994 im Bauhof einlagert wurde. Dieser Korpus sollte nun seinen Platz in der Kapelle finden. Die Montage sei knifflig gewesen, erzählt Peter Dutschmann. Der 68-Jährige kümmerte sich um die Restaurierung der Kapelle. Der Korpus habe in der Stellung der Arme nicht auf das vorhandene Kreuz der Kapelle gepasst. Dutschmann musste behutsam vorgehen, um beim Befestigen nicht einen Arm abzubrechen. Nach der Zerstörung des Kapellenkreuzes habe er sich dieses nach Hause bringen lassen, es abgeschliffen, Teile neu gefertigt und es schließlich zweimal lackiert. „Das hat Arbeit gemacht, wie verrückt“, sagt der gelernte Maler. Etwa 30 Stunden habe er in die Aufarbeitung gesteckt. Seine Tochter hat derweil den Korpus des Marktkreuzes restauriert.

Wegkreuze – Eine Besonderheit der katholischen Lausitz

Im katholisch geprägten Wittichenau lassen Grundstücksbesitzer bis heute Kreuze vor ihren Häusern errichten. „Sie erbitten damit Gottes Segen für ihre Angehörigen und Schutz vor Schäden an ihrem Heim“, erklärt Pfarrer Dr. Wolfgang Křesák. Die Kapelle am Liebegaster Weg ist dagegen zur Sühne für den Freitod eines Wittichenauers errichtet worden. Auf dem Gemeindegebiet finden sich zudem etliche Kreuze an Feldern. „Mit diesen Flurkreuzen bitten die Bauern, um eine gute Ernte“, erläutert Křesák weiter. In den Dörfer seien außerdem etliche Kreuze als Vermächtnis eines Verstorbenen errichtet worden. Mancher habe in seinem Testament verfügt, an seinem Lieblingsplatz ein Kreuz zu seinem Andenken aufstellen zu lassen. Für die Angehörigen sei der Weg zur Begräbnisstätte, dem Friedhof in Wittichenau, damals oft noch zu weit gewesen. Deshalb gedachte man der Toten gern an einem Kreuz im Dorf.

Dutschmann wohnt nahe der Kapelle. Er erinnert sich daran, wie er vor etwa 25 Jahren die Kapelle unter seine Obhut nahm. Damals sei ihr Zustand erbärmlich gewesen. Halb verfallen stand sie am Feldrand. „Meine Schwiegermutter hat uns aufgefordert: Kümmert euch doch mal darum!“ Mit Geschwistern und Nachbarn machte sich Dutschmann an die Arbeit. Sie fliesten den Boden, mauerten, verputzten und malerten, bis das kleine Gebäude wieder zu einem Schmuckstück geworden war. Seitdem fühlt Peter Dutschmann sich für die Kapelle verantwortlich. Viermal hat er sie seitdem schon rundherum neu angestrichen. „Diese Arbeit macht Freude, auch wenn ich mich über den Vandalismus ärgere“, sagt Dutschmann.

Die kleine Kapelle ist 1922 von Heinrich Handricka für seinen Bruder Josef am Rand des Feldes der Familie errichtet worden. Am Standort der Kapelle hatte Josef sich das Leben genommen. Am Nachmittag des vergangenen Palmsonntags zogen nun mehr als 100 Gemeindemitglieder an die Kapelle. „Am Kreuz scheiden sich die Geister“, sagte Pfarrer Křesák in seiner Ansprache. „Für die einen ist es ein empörendes Ärgernis und für andere Zeichen von Gottes Macht und Weisheit. Deshalb ist eine Kreuzschändung kein Bagatelldelikt.“ Křesák sieht in der Zerstörung des Kreuzes ein Aufbegehren gegen die Traditionen der Pfarrgemeinde. „Das ist zugleich ein Angriff auf alle Glaubenden“, erklärt er. In seiner Amtszeit hat der Pfarrer in Wittichenau bislang drei solcher Vorfälle erlebt. In der Andacht nahmen die Gläubigen die Täter mit ins Gebet. Křesák dankte schließlich den Helfern, die zur Restaurierung beigetragen haben: „Es ist schön, dass unser altes Marktkreuz nun hier einen würdigen Platz gefunden hat.“