Liebe Freunde bei dem Hilfsverein „Christliche Eltern“, liebe Besucher des Weihnachtsbazars in Wittichenau
Bitte um Spenden
Die "Christlichen Eltern" bitten Sie mit einer Kuchen- oder Geldspende, die Not der Menschen im eisigen St. Peterburger Winter zu lindern. Kuchenspenden können am Samstagmorgen, 8. Dezember ab 7:00 Uhr im Rathaus abgegeben werden. Geldspenden können Sie auf das Konto des Malteser-Hilfsdienstes in Würzburg überweisen.
Empfänger: | Malteser Hilfsdienst e.V. |
Konto-Nr.: | 120 122 2016 |
BLZ: | 37060120 |
Bank: | Pax Bank eG |
Verwendungs- zweck: |
Spende Petersburg, "Warme Füße" |
Für Spendenquittungen bitte den Beleg unter Angabe Ihrer Adresse an folgende Adresse senden:
Malteser Hilfsdienst e.V Würzburg
Mainaustraße 45
97082 Würzburg
Bitte die vollständige Adresse auch auf dem Überweisungsträger eintragen.
Der Winter kam in diesem Jahr sehr früh nach St. Petersburg, wie auch zu Euch nach Deutschland: schon Ende Oktober fielen die Nachttemperaturen unter null, es hat geschneit, sodass wir früher als geplant unser Wärmezelt für Obdachlose in Betrieb nehmen mussten.
Wenn trotz aller Kaprizen das St. Petersburger Klima im Sommer noch erträglich ist, kann der Winter dagegen sehr hart sein.
Wir Malteser widmen uns seit Jahren den Problemen der Überwinterung von Obdachlosen. Seit 2009 stellen wir ein Armeezelt auf, das jede Nacht bis zu 40 Obdachlosen eine warme Unterkunft bietet.
Heute gehört nur einer der 16 Stadtbezirke zu unseren treuen Partnern und zwar deswegen, weil gerade der Stadtbezirk Primorskij (dt. "am Meer liegend") über keine eigene Einrichtung der Obdachlosenhilfe verfügt. Damit schreiben wir mit unserem Zelt, das wir dort seit 2009 in jeder Wintersaison betreiben, ihrer Statistik bzgl. Obdachlosenhilfe gute Zahlen zu.
Jede Nacht können sowohl im Wärmezelt wie auch in einem benachbarten Abbruchhaus, das Obdachlose vor Jahren zu ihrer wilden Bleibe gemacht hatten, bis zu 80 Personen übernachten. Sie werden registriert und, falls gewünscht, in sozialen und medizinischen Fragen beraten. Alle bekommen zwei warme Mahlzeiten: jeweils abends, vorm Einschlafen und morgens, bevor sie das Zelt verlassen. Die Nachtaufsicht sorgt für den Betrieb der Wärmekanone und allgemeine Ordnung. Die Kranken und Behinderten dürfen tagsüber im Haus bleiben, die Sozialhelfer kümmern sich um ihre Papiere und medizinische Angelegenheiten.
Der Alkoholkonsum ist im Zelt und im Haus streng verboten. Man hält an diesen Regeln fest, obwohl abends viele bereits leicht betrunken ankommen. Das Problem wird bestehen bleiben, solange der Wodka das billigste Produkt bleibt, das sich die Obdachlosen mit Almosen oder durch Betteln kaufen können. Eine 0,5 Liter-Flasche bekommt man schon ab 125 Rubel (3,10 €). Und trotzdem sind es nicht nur die Alkoholprobleme, die jeden Einzelnen in diese erbärmliche Lage gebracht haben.
Aus den Briefen, die die Obdachlosen ab und zu von sich (ungern) schreiben, liest man folgende Schicksale heraus:
Ich heiße K. N., geb. 1970 in der Ukraine. Habe die Leningrader Marine-Fachschule absolviert. Danach ging ich zur Arbeit aufs Meer. Habe geheiratet. Eines Tages bekam ich Krebs und fing an zu trinken, wegen Ausweglosigkeit. Einmal im betrunkenen Zustand sind mir alle Papiere abhanden gekommen. Meine Familie wollte von mir nichts mehr wissen. Die Verwandtschaft hat mir ebenfalls den Rücken gezeigt. Ich blieb auf der Straße.
Ich heiße S. A., bin 30 Jahre alt. Als meine Frau gestorben war, war ich in unserer gemeinsamen Wohnung nicht angemeldet. Darum haben mich ihre Kinder aus der ersten Ehe auf die Straße geschickt.
Ich heiße A., gebürtig aus der nördlichen Stadt Archangelsk. Ich bin 26 Jahre alt. Ich war auf einer olympischen Baustelle in Sotchi tätig. Man hat mich aber bei der Bezahlung betrogen und so landete ich mittellos in St. Petersburg.
Ich heiße M. A., geb. 1986 in Leningrad. Meine Eltern waren wohlhabend, bis zur Armee lebte ich wie eine Made im Speck. Den Militärdienst leistete ich in einer Fahrzeug-Abteilung ab. Nach der Dienstentlassung zurückgekehrt, erfuhr ich, dass mein Vater inzwischen die Familie verlassen hat. Nun musste ich arbeiten gehen und bekam eine hochangesehene Stelle als Verwalter einer großen Lagerhalle. Da passierte das Schlimmste für mich – meine Mutter starb. Für die Beerdigung brauchte ich Geld, darum habe ich die Wohnung samt Mobiliar gepfändet. Vor Kummer hörte ich auf zu arbeiten. Ohne Geld konnte ich meine Wohnung nicht zurückkaufen. So landete ich auf der Straße.
Ich heiße M. V., 1954 in Karelischer ASSR geboren. Als ich 6 war, sind wir nach Weißrussland umgezogen, wo ich viele Jahre lebte, eine Familie gründete und diese eines Tages verlor. Meine Frau habe ich vor 2 Jahren zu Grabe getragen, unsere Wohnung verkauft, das Geld zwischen den Kindern und Enkelkindern geteilt. Danach wollten sie von mir nichts mehr wissen; so mußte ich weg. Ich entschloss mich für St. Petersburg in der Hoffnung hier eine Arbeit zu finden und damit eine Wohnung. Aber aus meinem Vorhaben ist nichts geworden. So wurde ich BOMSCH (Obdachloser).
Ich heiße O. T.. Ich wurde 1966 in Leningrad geboren. Nach dem Schulabschluss (10 Klassen) studierte ich an einem medizinischen Institut, während des Studiums habe ich geheiratet, das Kind kam zur Welt. Im Moment bin ich geschieden. Meine Ex-Frau und der Sohn leben in den USA. Als junger Arzt arbeitete ich in dem städtischen Zentrum für Prophylaxe von AIDS. Da der Verdienst dort ziemlich gering war, entschied ich mich für eine Wende und ging in die Autobranche, um Autos zu verkaufen. Nach einem Jahr habe ich mich mit meinem Bruder selbstständig gemacht. Aber als der Wert des Rubels abstürzte (1992), mussten wir unseren Laden verkaufen, um Schulden zurück zu zahlen. Ungefähr zu dieser Zeit starben meine beiden Eltern. Nun musste ich die Wohnung verkaufen. Da die Immobilienpreise rapide stiegen, hat mir das Geld für eine andere Wohnung nicht gereicht. Schließlich landete ich auf der Straße. Irgendwann habe ich meine Papiere verloren. Ich bemühte mich immer wieder um eine Arbeit, bekam sie gelegentlich auf einer Baustelle; man hat mich aber wie einen Gastarbeiter behandelt und stets bei der Bezahlung betrogen. Ich hauste in Kellern, auf Dachböden, sammelte Altmetall, Leergut.
Ich heiße I.R., geb. 1976 in St. Petersburg. Nach dem Militärdienst kam ich zurück und bekam eine Stelle bei der Feuerwehr. Ich war verheiratet, bin geschieden. Später arbeitete ich in vielen Firmen in der Verwaltung. Während der Krise habe ich meine Arbeit verloren und war lange Zeit arbeitslos. Damals wohnte ich zusammen mit meinen Eltern und der Schwester. Wir waren durch Wohnnebenkosten stark verschuldet und waren gezwungen, die Wohnung zu verkaufen. Von der Immobilienfirma hat jeder von uns für seinen Anteil das Bargeld bekommen. Aber mein Anteil war so gering, dass ich damit nichts in St. Petersburg kaufen konnte. Im Sommer 2011 landete ich in einem Krankenhaus, wo man mich an der Wirbelsäule operiert hat. Die OP musste ich selber bezahlen. Nach der OP wurde ich als Behinderter II. Gruppe eingestuft, seit Herbst 2011 gelte ich als BOMSCH (Obdachloser). Zurzeit kann ich wegen meiner Erkrankung nicht arbeiten, aber auch wegen der fehlenden Anmeldung (Propiska).
Ich heiße S.T., bin eine gebürtige Usbekin, wurde 1965 in Samarkand geboren. Nach Russland kam ich um Geld zu verdienen. Ich arbeitete als Verkäuferin und alles lief gut, bis man mir eines Tages die Tasche mit allen meinen Papieren klaute. Ich habe niemanden in St. Petersburg, darum lebe ich auf der Straße.
Ich heiße I. M., geboren in Kasachstan, Kustanaj Gebiet. Meine Jugend war wolkenlos. Ich habe weder getrunken noch geraucht, nahm an Pferderennen teil, trieb Sport. Ich war ziemlich erfolgreich im Boxen, reiste zur Landesmeisterschaft nach Moskau und gewann dort den 2. Platz. Das war aber alles in den 70er Jahren. Mein Traum war ein Marineoffizier zu werden. Ich versuchte ein entsprechendes Studium aufzunehmen, habe es aber nicht geschafft. 1979 heiratete ich und bekam Zwillinge. Aber eines Tages sind sie mit der Mutter bei einem Autounfall ums Leben gekommen, lebendig im Auto verbrannt. Ich durfte sie nicht einmal sehen. Danach fing ich an zu trinken, habe lange nicht wahrnehmen wollen, dass Alkohol keine Lösung ist. In Cheljabinsk habe ich eine Frau kennen gelernt. Sie hat mich zum Leben auferweckt. Wir lebten 2 Jahre zusammen. Aber danach kehrte ihr Mann zurück und ich musste weg. Zurzeit habe ich das Rauchen und Trinken aufgegeben und wünsche niemanden, dass er so etwas erleben muss, was mir im Leben zuteil wurde.
In anderen unserer Hilfsprojekte kümmern wir uns um vielseitige Probleme dieser Menschen. Manchen helfen wir den Kontakt zu der Verwandtschaft aufzunehmen und ermöglichen ihnen die Rückkehr in ihre ehemaligen Heimatorte. Den Behinderten helfen wir ihre Papiere wiederherzustellen, den Behindertenausweis (Behinderungsgrad) zu bekommen, dementsprechend eine Rente zu erhalten und wir stellen danach den Antrag auf einen Platz im staatlichen Pflegeheim. Diejenigen, die aber noch im arbeitsfähigen Zustand und Alter sind, helfen wir durch ein Netzwerk mit 4-5 Partnerorganisationen an eine Arbeit heranzukommen. Außerdem versorgen wir bedürftige Obdachlosen mit nötigen Medikamenten und einer neuen Brille.
Mit allen verfügbaren Mitteln stehen wir den Menschen bei, welche die Last einer Obdachlosigkeit zu tragen haben. Wir möchten, dass sie durch menschliche Anteilnahme ihre Hoffnung und Selbstachtung nicht verlieren, um vielleicht irgendwann aus eigener Kraft die Rückkehr zur Normalität zu wagen.
Obwohl wir sehr bemüht sind, das Leben der Obdachlosen zu erleichtern, sind wir in unseren Möglichkeiten ziemlich eingeschränkt. Zwar nutzen täglich bis zu 7 Menschen unsere Duschkabine, aber nur wenige davon können wir nach dem Duschen mit frischer Unterwäsche und Socken versorgen. Eine günstige Wäscherei gibt es in St. Petersburg nicht. Die einzige Stelle für Kleiderdesinfektion verlangt pro Vorgang etwa 440 Rubel (11,- €). Die meisten Obdachlosen haben damit keine Möglichkeit ihre Kleider zu waschen, sondern von Zeit zu Zeit müssen sie ihre Sachen entsorgen und andere „neue“ anziehen.
Zum Glück hat die Spendenbereitschaft der Petersburger Bevölkerung in den letzten Jahren zugenommen: seit 2 Jahren ist ein Laden namens „Chorosho(p)!“ im Betrieb, wo von St. Petersburgern gespendete Kleider, sehr preiswert zu erwerben sind und wovon ein Teil für den Bedarf von Obdachlosen genommen wird. Im Laden mangelt es nicht an Frauen- und Kinderkonfektion, auch nicht an Sommersachen, wohl aber an warmen Jacken, Mützen, Handschuhen. Und absolute Defizitware sind Schuhe. Gutes Schuhwerk ist für das bekanntlich schlechte St. Petersburger Wetter sehr wichtig. Die hohe Luftfeuchtigkeit (durch Nähe zur Ostsee) in Kombination mit starkem Wind macht selbst einen mittelstarken Frost zur lähmende Kälte, die einen bis in die Knochen durchdringt. Die meisten Behinderungen der Obdachlosen sind Folgen von abgefrorenen Füßen, verursacht durch schlechte Schuhe.
Liebe Wittichenauer Freunde,
wir alle wissen, wie wichtig der erste Eindruck ist, den ein Mensch hinterlässt. Der Ausweg aus der Misere der Obdachlosigkeit ist für Tausende betroffener Männer und Frauen in St. Petersburg kompliziert und schwierig.
Bei aller Einfachheit der Lebensumstände in einem Wärmezelt oder Abbruchhaus wollen wir diesen Menschen WÜRDIG begegnen, sie WÜRDIG behandeln und begleiten. Wir möchten, dass sie wieder an Selbstrespekt gewinnen und fähig sind, mit anderen Menschen auf gleicher Augenhöhe zu reden, ohne sich als Abfall der Gesellschaft zu fühlen und sich ständig schämen zu müssen. Für den notwendigen Selbstrespekt spielt aber das Aussehen keine geringe Rolle.
Wir bitten Euch um Eure Mithilfe, damit wir die obdachlosen Menschen mit passenden Schuhen und evtl. mit warmen Winterjacken versorgen können. In erster Linie wollen wir damit die Sterbe- und Behinderungsrate unter den Obdachlosen verringern. Der Alltag eines Obdachlosen auf den St. Petersburger Straßen im Winter ist schwer genug, dafür mit dem Leben oder der Gesundheit zu bezahlen noch schlimmer. Wir hoffen sehr, dass gutes Schuhwerk und warme Kleidung die Lebensqualität vieler Obdachloser verbessern. Sie mögen arbeitswilligen Obdachlosen helfen in der Gesellschaft angenommen zu werden und dadurch evtl. eine würdige Arbeitsstelle zu erhalten.
Wir bedanken uns bei den Organisatoren und Besuchern des Weihnachtsbazars erneut für die Hilfsbereitschaft und das Vertrauen und wünschen Euch, Euren Familien, Verwandten und Freunden ein gesegnetes Weihnachtsfest!
Mit herzlichem Gruß,
Irina Tymkova
Im Namen der Malteser St. Petersburg